Einsame Maschine - Dusan Prusak

and Painter only on Mondays
D   U   Š   A   N             P   R   U   S   Á   K
Bassman and Composer
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Einsame Maschine

literatur
Die folgende Geschichte war ursprünglich als Musiktheater konzipiert, geschrieben von Massimo Natali und mir. Die Musik stamm von mir. Robb Corell half uns, die Lyrics ins Englische zu übersetzen. Gesungen hat sie Lilly Thornton, Massimo Natali, Fabio DiCugno, und einen Song musste ich selbst singen, obwohl ich nicht als Gesangstalent gelte, doch niemand wollte sich zur Verfügung stellen, dieses Lied zu singen – aus verständlichen Gründen. Im zweitletzten Song steuert Beat Weibel ein fantastisches Saxofon-Solo bei.
 
Aufgenommen habe ich es mit dem ersten Computer meines Homestudios. Daher ist die Sound-Qualität nicht besonders. Da es viel zu umständlich war, dieses Stück auf die Bühne zu bringen - kleine Theater waren von den technischen Anforderungen schlicht überfordert - grosse Theater waren nicht interessiert - habe ich das Stück nun zu einer Kurzgeschichte umbeformt. Die Musik habe beigelegt. Viel Spass.

Story:                                Dusan Prusák
                                      Massimo Natali
 
Music:                                Dusan Prusák
 
Lyrics:                               Dusan Prusák
                                      Massimo Natali
                                           Robb Correll
Personen:

Elmar war das einzige Kind seiner Eltern. Von seinem Vater erhielt er statt Liebe und Zärtlichkeit nur seine abgetrennte Hand, die von Kindheit an in Formalin eingelegt in einem Einmachglas neben Elmars Bett stand.
Elmar verlässt früh das Elternhaus und wird Vertreter für medizinisch-chirurgische Instrumente. Das Einzige, was er von Zuhause mitnimmt, ist die Hand seines Vaters. Von ihr geht ein Zauber aus. Manchmal scheinen sich die Finger der Hand zu bewegen und geheime Zeichen zu geben. Dann hebt Elmar das Glas hoch und schüttelt es, und im Glas steigen Schneeflocken hoch und tanzen um die Hand seines Vaters herum. In solchen Momenten verwandelt sich Elmar von einem schüchternen Jungen zu einem heissen Latin-Lover namens Tony.

Susi ist Elmars Freundin. Da Elmar als Vertreter oft auf Reisen ist, amüsiert sie sich manchmal mit dem Milchmann und dem Zeitungsjungen. Trotz ihrer Emanzipiertheit sehnt sie sich nach einer eigenen Familie und nach Kindern. Sie verliebt sich in einen Latin-Lover namens Tony und will Elmar verlassen.

Elmars Vater war ein begabter Pianist in seiner Jugend. Als er ein Mädchen schwängert, heiratet er es und geht in die Stahlfabrik arbeiten, um die Familie zu ernähren. Dort erleidet er einen Unfall. Von einer Stanzmaschine wird ihm die Hand abgetrennt. Von da an spricht er nicht mehr mit seinem Sohn, und statt seiner Liebe gibt er ihm die abgetrennte Hand, die während Elmars gesamter Kindheit in einem Einmachglas neben dem Bett des Jungen schwimmt.

Elmars Mutter tummelt sich manchmal gefährlich nahe an der Grenze zur Senilität.

Laila ist ein Beduinen-Mädchen. Sie soll eine Ehe eingehen, die von ihrer Familie beschlossen wurde. Sie gibt sich mit den Erwartungen eines Lebens zwischen Kochherd und Kindern nicht zufrieden und träumt davon, die weite Welt kennen zu lernen.

Mahmud ist ihr Bräutigam. Er freut sich auf die bevorstehende Hochzeit.

Ein Satellit schwebt hoch über der Erde. Er überträgt Telefonate und Fernsehprogramme. Nachdem der Satellit von Gottes verlorenem Golfschläger getroffen wird, tritt bei ihm eine kleine Fehlfunktion ein: Er entwickelt ein eigenes Bewusstsein. Allerdings bringt ihn diese Kollision von seiner Erdumlaufbahn ab, und er nähert sich der Erdatmosphäre.
Am nächtlichen Himmel erscheint der Satellit als ein wandernder Stern.

Nebenrollen:          
junge, attraktive Frau
Milchmann
Zeitungsjunge
Gott
Buddha
Vishnu
einige Pinguine, die sich in einsame Betrunkene in einer Bar verwandeln
Bühnenbild:
 
Der hintere Teil der Bühne ist unterteilt in drei Spielräume.
 
Links ist ein Schlafzimmer mit einem Bett und einem Nachttisch. Auf dem Nachttisch steht eine Lampe, ein Wecker und ein Telefon. Neben dem Bett befindet sich eine Badezimmer-Nische.
 
Rechts ist eine Hotelsuite mit Bett und einer kleinen Bar. Auf einer Kommode liegt ein offener Koffer. Auf dem Nachttisch steht eine Lampe und ein Telefon. An der Wand hängt ein grosser Spiegel.
 
In der Mitte befindet sich eine ärmlich eingerichtete Wohnküche; ein Küchentisch mit 2 Stühlen, ein Schaukelstuhl in der Ecke, eine Kochnische mit Küchengeräten. Hinten steht ein grosser Fernsehapparat.
 
Für Szene 11 wird das Zimmer in eine schummrige Bar verwandelt.
 
Im vorderen Teil der Bühne liegt eine Wüstenlandschaft mit Sanddünen. Mittels eines einfachen Belichtungseffekts verwandelt sie sich in Szene 10 in eine arktische Polarlandschaft.
 
Über der Bühne erstreckt sich ein Nachthimmel mit Mond und voller Sterne. Einer dieser Sterne bewegt sich sehr langsam. Wird er angeleuchtet, erkennt man, dass es ein Satellit ist.
Die Szene mit den Golf spielenden Göttern am Himmeln ist mittels einer Videoprojektion realisierbar.
 
Die Bühne wird so ausgeleuchtet, dass während der Handlung, die in einem Bereich der Bühne passiert, die andern Bereiche nicht zu sehen sind.
 
1.    Szene
Bühne vorne (Wüste)

Es ist Nacht in der Wüste. Die Mondsichel strahlt an einem klaren Sternenhimmel. Ein Junge sitzt auf einer Sanddüne. Etwas abseits steht ein Mädchen, hat dem Jungen den Rücken zugekehrt und betrachtet den Sternenhimmel. Der Junge klimpert unbeholfen auf einer arabischen Mandoline und krächzt dazu ein Lied:

Mahmud:     „Habibi, Habibi, morgen bist du mein.
Dann wird sich deine zarte Knospe das erste Mal öffnen,
für mich ganz allein.
Ich bin der Kolibri, der von deinem süssen Nektar kostet,
und du bist die Auster, die meine Perle umschliesst.
Habibi, Habibi, morgen bist du mein.
Denn morgen ist der grosse Tag, den ich so sehnsüchtig erwarte,
von unseren Vätern vor langer Zeit besiegelt.
Der Traum, den ich jede Nacht erträume, wird endlich wahr.
Und ich werde der reichste Mann der Welt sein,
denn mit dir zusammen schenkt mir dein Vater noch zwei Kamele.
Habibi, Habibi, morgen bist du mein.“

Er beendet sein Lied, zupft aber immer noch nervös auf der Mandoline herum.

Mahmud:      „Gefällt dir mein neues Lied? Ich hab es nur für dich geschrieben.“
Laila:           „Danke.“
Mahmud:      „Oh, es hat dir nicht gefallen.“
Laila:           „Ist ja recht hübsch. Aber sing es bloss nie den Kamelen vor, sonst laufen sie dir weg. Dann bist du nicht mehr der reichste Mann der Welt.“
Mahmud:     „Hmm?“
Laila:          „Nicht, dass es mir nicht gefallen hätte, aber..“
Mahmud:     „Aber?“
Laila:          „Es geht alles so schnell. Vielleicht bin ich ja nicht die Richtige für dich. Vielleicht bin ich noch zu jung zum Heiraten.“
Mahmud:     „Aber so ist es doch ausgemacht. Du kannst doch jetzt nicht plötzlich kneifen. Was würde dein Vater dazu sagen? Er würde das nicht zulassen, Onkel Ahmed schon gar nicht.“
Laila:          „Weisst du eigentlich, dass ich noch nie unser Dorf verlassen habe?“
Mahmud:     „Na und? Wo solltest du auch hingehen. Du gehörst hierher.“
Laila:          „Ich wüsste gerne, was jenseits unseres Dorfes liegt, da, wo der Horizont aufhört und der Himmel beginnt. Erzähl doch mal. Du gehst doch immer mit den Ziegen da raus. Wie sieht es dort aus? Was ist da draussen?“
Mahmud:     „Was soll denn da schon sein. Da ist noch mehr Sand hinter dem Horizont.“
Laila:          „Ist das alles?“
Mahmud:     „Ja. Und dort, wo der Sand aufhört, dort kommt das Wasser.“
Laila:          „Wasser? Da ist Wasser hinter dem Sand?“
Mahmud:     „Ja, Wasser. Das hat mir Onkel Ahmed erzählt. Ich selbst habe es
noch nie gesehen. Verdammt viel Wasser soll dort draussen sein. Soviel Wasser, dass es den Himmel berührt.“
Laila:          „Und warum gehst du nicht dorthin, um deine Ziegen zu tränken?“
Mahmud:     „Na, das ist ganz schön weit weg. Ausserdem ist das Wasser salzig.“
Laila:          „Salzig?“
Mahmud:     „Salzig. Das kann man nicht trinken.“
Laila:          „Und was ist hinter dem Wasser?“
Mahmud:     „Weiss ich nicht. Wahrscheinlich hört dort draussen irgendwo die Welt auf.“
Laila:          „Das kann doch nicht alles sein. Es muss doch noch mehr geben ausser Wasser und Sand. Da ist sicher noch mehr hinter dem grossen Wasser. Was ist mit den Schiffen, die da hinausfahren.“
Mahmud:     „Schiffe? Was für Schiffe? Was weisst du denn von Schiffen?“

Sie ist leicht verlegen, weil sie sich verplappert hat.

Laila:          „Nun, eh, eigentlich gar nichts. Nur das, was mir mein Bruder erzählt hat.“
Mahmud:     „Dein Bruder? Du hast 5 Schwestern, zwei verblödete Cousins, und ab morgen hast du einen prächtigen Ehemann. Doch einen Bruder hast du nicht.“

Laila zögert und schaut zum nächtlichen Himmel rauf.

Laila:          „Der Mond, er ist mein Bruder.“
Mahmud:     „Der Mond? Dein Bruder? Und der erzählt dir was von Schiffen?“
Laila:          „Ja, das tut er. Er erzählt mir von Leuten, die auf dem Wasser reiten, auf dem Rücken von hölzernen Kamelen sitzend, die so gross sind wie Moscheen, mit Minaretten, auf denen Bettlaken gespannt sind. Dann erzählt er auch von riesigen Kamelen aus Eisen, die das grosse Wasser durchschwimmen, und aus ihren Buckeln kommt Rauch und Qualm.“
Mahmud:     „Was machen denn all diese Leute auf dem Wasser? Ihre Kamele werden sie dort nicht tränken können, das Wasser ist doch salzig.“
Laila:          „Nein, das nicht, aber sie holen Fische aus dem Wasser. Und andere bringen ihre Waren mit den Blechkamelen von einem Ort zum andern.“
Mahmud:     „Etwa so, wie die Händler mit ihren Karawanen?“
Laila:          „Genau so. Und genauso gefährlich ist es, auf dem Wasser zu reiten. So manches Kamel ist von dort nicht mehr zurückgekehrt.“
Mahmud:     „Was ist denn passiert?“
Laila:          „Das grosse Wasser kann manchmal sehr rauh werden. Dann sieht es aus wie die Dünen in der Wüste. Doch die Wasserdünen bewegen sich ständig hin und her und bringen die Kamele zum Stolpern. Die gehen dann unter, und mit ihnen all die Leute, die darauf geritten sind.“
Mahmud:     „Und all diesen Unsinn soll dir der Mond erzählt haben?“
Laila:          „Ja. Schau ihn dir doch an. Er sitzt dort oben hoch über der Erde. Und er beobachtet uns die ganze Zeit. Er sieht alles, was hier unten passiert. Und manchmal nachts, wenn ich nicht schlafen kann, da spricht er zu mir.“
Mahmud:     „Der Mond kann nicht reden. Er ist stumm.“
Laila:          „Ist er nicht.“
Mahmud:     „Und sehen tut er auch nichts. Dazu fehlen ihm die Augen.“
Laila:          „Tun sie nicht. Und hören kann er auch, obwohl er keine Ohren hat.“

Er lacht und schaut zum Mond rauf:

Mahmud:     „He du da oben. Kannst du mich hören? Na, warum sagst du denn nichts? Dir hat’s wohl die Sprache verschlagen? Hast wohl Sand in den Ohren? Hast wohl Tomaten auf den Augen.“

Er schaut wieder zu ihr.

Mahmud:     „Siehst du? Er ist stumm, er ist taub, er ist blind.“

Er fängt wieder an, auf seiner Mandoline rumzuzupfen. Sie ist leicht resigniert. Sie schaut nach oben und betrachtet den Mond. Und während der Junge immer den gleichen Ton auf der Mandoline spielt, singt sie:

Song 1 – Brother Moon

Bruder Mond, das Meer ist stürmisch, wenn die Matrosen schlafen
Bruder Mond, du bist das Licht der Schiffbrüchigen, die in die Tiefe fallen
Du erscheinst in strahlendem, herrlichem Licht
Ich sehe tiefe See sich beruhigen
Dann verwandelt sich dein Lächeln in ein zweifelndes Lächeln und ich
fühle mich blind
 
Bruder Mond, du Freund der Schläfer, die in der Nacht wandeln
Bruder Mond, die Felder wachsen schneller, wenn dein Gesicht voll und hell ist
Und du flüsterst dem Landvolk zu
dass Samen gesät werden müssen
Es gibt seltsame Geschichten in meinem jungfräulichen Kopf und ich
fühle mich blind
 
Du erscheinst in herrlichem, prachtvollem Licht
und legst dich an meine Seite
Warme Unruhe erfüllt mein Herz und ich
fühle mich blind

Mahmud:     „Ich sag dir doch: Er ist stumm, er ist taub, er ist blind.“
2. Szene
Bühne rechts (Hotelsuite)

Das Zimmer ist in schummriges Licht getaucht. Ein Mann sitzt auf dem Bett. Sein Gesicht ist nicht zu sehen. Sein Hemd ist offen. Er knüpft es sich zu und zündet sich eine Zigarette an.
Vor dem Spiegel steht eine junge, attraktive Frau und kleidet sich an.

sie:             „Machst du mir den Reissverschluss zu, Tony?“
 

Gelangweilt erhebt er sich vom Bett, geht zur Frau rüber, die Zigarette im Mundwinkel, und zieht ihr den Reissverschluss hoch.

sie:              „Wann bist du wieder in der Stadt, Tony?“
er:               „Ich ruf dich an.“
sie:              „Versprochen?“
er:               „Klar doch, Baby.“

Sie dreht sich zu ihm im, nimmt ihm die Zigarette aus dem Mund und gibt ihm einen langen Kuss.

sie:              „Machs gut, Tony, und vergiss mich nicht.“
 
Er gibt ihr einen Klaps auf den Po und sie geht ab.
Lässig geht er zur Bar und mixt sich einen Gin-Tonic. Er hält einen Moment inne, besinnt sich anders, holt eine Flasche Elmer-Citro unter der Bar hervor, giesst sich ein Glas ein und kippt es in einem Zug runter. Er schüttelt sich, als wäre es ein verdammt scharfer Drink.
 
Dann geht er zum Nachttisch, wo das Telefon steht. Er setzt sich aufs Bett und zündet die Nachttischlampe an. Nun ist sein Gesicht zu erkennen. Es ist Elmar.
 
Elmar hebt den Hörer ab und wählt eine Nummer.

Bühne links (Schlafzimmer)

Es ist dunkel. Das Telefon klingelt. Ein Stöhnen ist zu hören. Dann geht eine Nachttischlampe an. Eine Frau liegt im Bett. Neben der Lampe steht ein Wecker und ein Telefon auf dem Nachttisch. Die Frau hebt den Wecker hoch und verschlafen schaut sie aufs Zifferblatt.

Susi:            „Verflucht! Was zum Teufel...“

Sie hebt den Telefonhörer ans Ohr.

Susi:            „Ja?“
Elmar:         „Hallo Schatzi. Hier ist Elmar, dein Zuckerhase.“

Sie schmeisst den Hörer auf die Gabel und verkriecht sich wieder unter der Decke.
 
 
Bühne rechts (Hotelsuite)

Elmar schaut verwundert den Telefonhörer an, aus dem nur noch der Piepston zu hören ist. Er legt den Hörer hin.
 
Bühne Mitte (Küche)

Der TV-Apparat ist eingeschaltet. Es läuft eine Dokumentation über Pinguine in der Antarktis.
 
Am Küchentisch sitzt ein alter Mann. Seine linke Hand (Prothese) steckt in einem schwarzen Lederhandschuh. Mit der rechten Hand hält er eine Bierflasche. Hin und wieder nimmt er einen Schluck davon.
 
Neben ihm im Schaukelstuhl sitzt eine alte Frau und strickt.
 
Schweigend sehen sich die Beiden die Fernsehsendung an.

Bühne links (Schlafzimmer)

Susi wälzt sich im Bett herum. Sie schaut nochmals auf den Wecker, stöhnt etwas, steht auf und geht zur Badezimmer-Nische. Dabei singt sie:

 
Song 2 – What to do?

Wenn mein Schatz
Unterwegs ist
und mir ist langweilig
Was gibt es da zu tun?
Däumchen drehen
oder Wollsocken stricken?
Des Milchmanns Schritte erklingen vom Fussboden
Der Zeitungsjunge klopft an die Tür
 
Ein Milchmann kriecht aus ihrem Bett und schleicht davon, ein Zeitungsjunge klopft an der Tür und streckt seinen Kopf herein.
 
Wenn mein Schatz
wieder unterwegs ist
und ich warte, bis er nach Hause kommt
was soll ich da tun?
Ich bin keine Göttin
Ich bin auch keine Hure
Ich bin nur ein einfaches Mädchen,
das manchmal gerne lacht und feiert

Kleine Tanzeinlage von Susi, begleitet vom Milchmann und dem Zeitungsjungen

Wenn mein Schatz
unterwegs ist
und mir ist langweilig
Was gibt es zu tun?
Däumchen drehen
oder Wollsocken stricken?
Des Milchmanns Schritte erklingen vom Fussboden
Der Zeitungsjunge klopft an die Tür
 
3. Szene
Bühne vorne (Wüste)

Laila:           „Ich würde auch gern die Welt kennenlernen.“
Mahmud:     „Ja wozu denn?“
Laila:           „Das hier kann doch nicht mein ganzes Leben sein, verhüllt in grobe Tücher, eingesperrt zwischen Kochherd, Hühnern und Kamelen.“
Mahmud:     „Aber du hast ja mich, Habibi“

Sie sieht ihn lange und traurig an.
 
Laila:           „Ja.“
Mahmud:     „Du bist mein kleiner Stern. Und schau dir die Sterne an. Die bewegen sich auch nicht vom Fleck.“
Laila:           „Tun sie doch. Manche so langsam, dass man's vom blossen Auge nicht sieht, andere so schnell, dass man kaum blinzelt, und schon sind sie weg.“
Mahmud:     „Das sind Sternschnuppen, du Dummerchen. Onkel Ahmed sagt, Sternschnuppen seien Sterne, die sich zu weit vornübergeneigt haben, um besser zu sehen, was auf der Erde passiert. Dann verlieren sie den Halt und fallen vom Himmel. So was kann passieren, wenn man zu neugierig ist, weisst du?“
Laila:           „Und was ist mit dem da?“

Sie deutet nach oben. Und tatsächlich ist da zwischen all den Sternen einer, der sich langsam fortbewegt.

Laila:           „Sieh doch dort oben. Der kleine Stern da. Der bewegt sich.“
Mahmud:     „Wo? Ich sehe nichts.“
Laila:           „Du hast wohl Tomaten auf den Augen. Da!“

Sie zeigt mit dem Finger nach oben.

Mahmud:     „Tatsächlich. Da bewegt sich einer.“
Laila:           „Wo der wohl hin will?“

Laila und Mahmud starren schweigend nach oben. Wir folgen ihrem Blick weit in den Weltraum hinaus:

Song 3 – Travelling Star

Ein blauer Planet dreht sich langsam und friedlich um die eigene Achse. Plötzlich saust er davon wie ein Komet; er wurde von einem Golfschläger getroffen.
 
Ein alter Mann mit langem, weissen Bart hält den Golfschläger in beiden Händen und starrt dem davonfliegenden Kometen nach. Links von IHM schwebt eine zweite Gestalt, gewandt in gelber Mönchskutte, im Schneidersitz kauernd. Rechts von IHM steht ein Mann mit sechs Armen, der zwei schwere Taschen mit Golfschlägern um die Schultern gehängt hat.

Gott:           „Holy shit!“
Buddha:       „Oh Gott, was für ein herrlicher Schlag.“
Vishnu:        „Pures Anfängerglück.“

Die drei Gestalten fangen an zu streiten, doch unser Blick geht weiter zu einem kleinen, leuchtenden Stern, der sich langsam fortbewegt. Beim Näherkommen erkennen wir, dass es sich um eine Maschine handelt. Es ist ein Satellit.

4. Szene
 
Bühne rechts (Hotelsuite)

Aus seiner Reisetasche holt Elmar ein wunderschönes, rotes Seidenkleid mit goldenen Stickereien. Er betrachtet das Kleid voller Bewunderung, legt es aufs Bett, geht wieder zum Telefon und wählt eine Nummer.

Bühne links (Schlafzimmer)

Das Telefon läutet, als sich Susi gerade die Zähne putzt. Mit der Zahnbürste im Mund hastet sie zum Telefon und hebt ab. Ihr Mund ist voller Zahnpasta, ihre Stimme kaum verständlich.

Susi:            „hahoohoo, hehihe hööö?“

Er ist etwas verdutzt, da er ihre Stimme nicht erkennt.

Elmar:         „Ja hallo, wer ist denn da?“
Susi:            „hehööhammpfff...“
Elmar:         „Entschuldigung, falsch verbunden.“

Er hängt leicht erschrocken den Hörer auf.

Sie ruft noch was unverständliches ins Telefon, weil sie nun seine Stimme erkannt hat. Doch aus dem Hörer kommt bloss noch der Piepston. Sie legt den Hörer hin und geht zum Spülbecken, um sich den Mund auszuspülen.
 
Bühne rechts (Hotelsuite)

Der Mann ist nun leicht verunsichert. Er holt sein Adressbüchlein aus der Tasche und blättert nach. Dann wählt er wieder eine Telefonnummer.

Susi:            „Hallo?“
Elmar:         „Hallo Schatzi, ich bin's, Elmar.“
Susi:            „Elmar. Was zum Teufel ist los?“
Elmar:         „Wieso denn, Schatzi? Nichts ist los. Ich wollte nur sagen, dass...“

Unterdessen im Weltraum

Im weiten Bogen kommt ein Golfschläger angeflogen und kollidiert mit dem Satelliten.

Satellit:       „Aua...“

Der Aufprall bringt den Satelliten leicht ins Schwanken, was zur Folge hat, dass das Telefonat und das Fernsehprogramm unterbrochen werden.

Bühne links und rechts (am Telefon)

Susi und Elmar gleichzeitig: „Hallo?“

Bühne Mitte (Küche)

Die Pinguine verschwinden vom Bildschirm, statt dessen ist nur ein Flimmern zu sehen.

alte Frau:     „Was ist denn nun los?“
alter Mann:  „Störung.“
alte Frau:     „Na dann schalt doch um.“

Er nimmt die Fernbedienung vom Tisch und drückt herum. Doch überall ist nur dieses Flimmern.

alter Mann:  „Geht nicht.“
alte Frau:     „So was ist doch früher nie passiert.“
alter Mann:  „Früher hatten wir 2 Programme. Heute haben wir 200.“
alte Frau:     „Aha. Aber die 2 haben doch funktioniert.“
alter Mann:  „Ja.“
alte Frau:     „Und warum funktionieren jetzt die 200 nicht?“
alter Mann:  „Muss wohl was mit dem Satelliten sein.“
alte Frau:     „Satelliten? Was für einem Satelliten?“

Die Pinguine erscheinen wieder am Bildschirm. Der Satellit hat sich wieder gefangen.

alte Frau:     „Aha, jetzt geht's ja wieder.“
alter Mann:  „Ja.“

Bühne links (Hotelsuite)

Verwirrt hängt Elmar den Hörer auf. Er geht zum Bett und hebt das rote Seidenkleid hoch.

Bühne rechts (Schlafzimmer)

Verunsichert hängt Susi den Hörer auf. Während sie sich anzieht, singt sie:

Song 4 – Asking Myself

Ich frage mich einfach
warum hat er angerufen
und ohne Grund oder Sinn
den Hörer auflegen?
Ist es nur ein albernes Spiel, das er spielt?
Was für eine seltsame Art um Hallo zu sagen?

Ich muss wirklich herausfinden
was er wollte
bevor der neue Tag anbricht
vor dem ersten Vogelgesang
bevor die Morgendämmerung anbricht
 
Ist mein Geheimnis gelüftet?
Weiß er, dass ich versagt habe?
Spürt er das Gewicht meiner Schande?
Weiss er, wie sehr ich mich schuldig fühle
für mein fleischliches Verlangen
und den Verlust des Feuers
das ich nicht für ihn nicht mehr empfinde
Oh, es ist nur ein Albtraum
eine Geschichte für unartige Mädchen
Alles ist gut

Während Susi singt, hält Elmar das rote Kleid in den Händen und tanzt damit durchs Hotelzimmer. Dann geht er wieder zum Telefon und wählt die Nummer.

In Susis Schlafzimmer läutet das Telefon. Sie hebt ab.

Bühne links und rechts (am Telefon)

Susi:            „Hallo?“
Elmar:         „Hallo?“
Susi:            „Elmar?“
Elmar:         „Susi?“
Susi:            „Kannst du mir verraten was für komische Spielchen du da treibst?“
Elmar:         „Spielchen? Ich spiele keine Spielchen. Ich wollte nur...“
Susi:            „Jetzt hör mal zu, Elmar. Wenn du denkst, du könntest so mit mir herumspringen, dann hast du dich gründlich geschnitten. Du bringst mich dermassen zur Weissglut, dass ich losgehen könnte wie eine Rakete!“

Satellit:       „Rakete?“

Bühne Mitte (Küche)

Die Sendung mit den Pinguinen wird plötzlich unterbrochen. Statt dessen zeigt der TV die Aufzeichnung eines Raketenstartes.

alte Frau:     „Was ist denn jetzt passiert?“
alter Mann:  „Keine Ahnung.“
alte Frau:     „Na dann schalt doch um.“

Der Alte drückt an der Fernbedienung herum, doch überall kommt nur dasselbe: Ein Satellit wird von einer Rakete in den Weltraum geschossen. Also sehen sich die alten schweigend diese Szenen an. Gleichzeitig singt der Satellit ein Lied.

Song 5 – Ariane

Der Countdown nähert sich dem Ende
Die Zündsequenz beginnt
Ich sitze auf deinem Gesicht
Ich hebe ab
Du hebst mich hoch
Während ein Feuerball die Ruhe durchbricht
verschmelzen wir mit dem Universum
verkehren mit dem Mond
 
Wir tanzen auf dem Donner
Wir reiten auf dem Sturm
In den tiefen dunklen Himmel fliegen wir, du und ich
während ein Feuerball die Ruhe durchbricht
bricht mir das Herz und du gehst weg
aus meinem Körper, aus meiner Seele
zerbrichst in kleine Stücke und fällst zurück zur Erde
wo du verbrennst, wo du stirbst
stirbst durch Feuer wie eine Sternschnuppe
 
Endlose Kreise drehe ich
um einen großen blauen Ball
Verlassen in sanfter Stille fühle ich mich so allein

Nachdem die letzte Stufe der Rakete vom Satelliten weggesprengt wird und in der Atmosphäre verglüht (der Song ist da zu Ende), erscheinen die Pinguine wieder auf dem Bildschirm.
 
Das Lied des Satelliten über seine Einsamkeit und den Verlust seiner grossen Liebe hat die alte Frau traurig gestimmt. Sie unterdrückt ihre Tränen und schneuzt sich in ein Taschentuch. Dann schaut sie den alten Mann an und fragt:

alte Frau:     „Was wirst du eigentlich tun, wenn ich eines Tages nicht mehr da bin?“
alter Mann:  „Wieso? Wo willst du denn hin?“
alte Frau:     „Ich meine, wenn ich sterbe, was machst du dann?“
alter Mann:  „Wieso solltest du sterben?“
alte Frau:     „Jeder stirbt mal.“
alter Mann:  „Vielleicht sterbe ich ja vor dir.“
alte Frau:     „Das wäre schön, aber das habe ich nicht gefragt. Wenn ich mal tot bin, was wirst du ohne mich tun?“
alter Mann:  „Was sollte ich denn tun? Nichts werde ich tun! Und deine verdammte
Kartoffelsuppe mit Knoblauch bleibt mir endlich erspart.“
alte Frau:     „Kartoffelsuppe mit Knoblauch ist sehr gesund.“
alter Mann:  „Ach ja?“
alte Frau      „Gut für deinen Kreislauf.“
alter Mann:  „Was du nicht sagst.“
alte Frau:     „Gut für deinen hohen Blutdruck.“
 
Er knurrt nur etwas vor sich hin. Nach kurzer Pause kommt sie wieder zum Thema:
 
alte Frau:     „Würdest du eine neue Frau suchen?“
 
Er schweigt und starrt in die Glotze.
 
alte Frau:     „Würdest du wieder heiraten?“
alter Mann:  „Warum sollte ich. Ein schlechter Scherz wird nicht besser, indem man ihn wiederholt. Ich denke, wenn du mal über den Jordan bist, kann ich endlich anfangen, mein Leben zu geniessen.“
alte Frau:     „Das glaube ich nicht. Alleine wirst du es nicht lange packen.“
alter Mann:  „Wenn du meinst, dann können wir es ja mal drauf ankommen lassen."
alte Frau:     „Ein Mann ohne Frau ist wie ein Boot ohne Ruder.“
alter Mann:  „Ach ja? Dann ist eine Frau ohne Mann dann wohl wie ein Ruder ohne Boot.“

5. Szene
Bühne vorne (Wüste)

Mahmud:     „Onkel Ahmed sagt, wenn man lange genug ein einziges Sandkorn betrachtet, kann man darin die ganze Welt erkennen.“

Er hebt mit der Hand ein Häufchen Sand in die Höhe, lässt den Sand runterrieseln und versucht ihn zu begaffen. Dabei fällt ihm der Sand in die Augen. Er verzieht das Gesicht und reibt sich die Augen.

Laila:           „Er ist ja so schlau, dein Onkel Ahmed.“
Mahmud:     „Ich hab das Gefühl, du magst ihn nicht besonders.“
Laila:           „Mag schon sein.“
Mahmud:     „Und warum?“
Laila:           „Vielleicht ist er mir ein bisschen zu schlau. Wenn jemand alles weiss, und den anderen immer sagt, was sie zu tun haben, dann hab ich das Gefühl, ich könnte etwas verpassen.“
Mahmud:     „Was solltest du denn verpassen? Wenn du immer das tust, was Onkel
Ahmed sagt, dann kannst du nichts falsch machen, und es kann dir überhaupt nichts passieren.“
Laila:           „Wenn du meinst.“
Mahmud:     „Ja, genau so ist es.“
Laila:           „Ich würde aber gern die Möglichkeit haben, selbst herauszufinden, was gut für mich ist.“
Mahmud:     „Und wie willst du das tun?“
Laila:           „Nun, vielleicht indem ich von hier fortgehe. Wie dieser Stern da oben.  Der sucht doch auch irgendwas.“
Mahmud:     „Was soll der denn suchen?“
Laila:           „Keine Ahnung.“
Mahmud:     „Und du, was willst du suchen? Was erhoffst du, in der Ferne zu finden?“
 
Laila singt:

Song 6 – Behinde The Dunes

Eines Nachts, als ich nicht schlafen konnte
Meine Augen weit geöffnet, ich atmte tief
hörte ich meinen Bruder Mond sprechen
Er sprach von einem geheimnisvollen Ort
Hinter den Dünen liegt ein versteckter See
Sein  Wasser scheint so frisch und klar
Du siehst darin dein Gesicht spiegeln
Es ist so ein schöner Ort
der wunderbarste Ort, an dem du sein kannst
 
Hinter den Dünen findest du einen Platz
bezaubernde Landschaften voller Anmut
einen schönen See umarmend
Silbern funkelt sein Wasser bei Nacht
Der See lädt einem Bad im Mondschein ein
 
Bald begebe ich mich auf die Suche
nach diesem geheimen Garten weit hinter den Dünen
Es ist so ein schöner Ort
der wunderbarste Ort, an dem man sein kann
 
Eines Nachts, als ich nicht schlafen konnte
Meine Augen weit geöffnet, ich atmete tief
hörte ich den Geschichten meines Bruders zu
Er sprach von einem geheimnisvollen Ort
hinter den Dünen
Von einem klaren See
inmitten von bezaubernden Landschaften voller Anmut
Silbern funkelt sein Wasser bei Nacht
Der See lädt einem Bad im Mondschein ein
 
Während Laila singt, erscheint hinter ihr eine Fata Morgana; ein kleiner See umgeben von hohen Bäumen. Der Mond spiegelt sich im Wasser.
Am Schluss des Liedes watet sie langsam in den See hinein und scheint im Wasser zu verschwinden.

6. Szene
Bühne links und rechts (am Telefon)

Elmar:         „Bist du mir immer noch böse?“
Susi:            „Ach, red keinen Unsinn. Ich bin es nur nicht gewohnt, frühmorgens von irgendwelchen komischen Telefonaten geweckt zu werden.“
Elmar:         „Oh entschuldige. Ich wusste nicht, dass es bei euch noch so früh ist. Hier war es gerade ein Uhr mittags.“
Susi:            „Wie laufen die Geschäfte?“
Elmar:         „Ganz gut. Ich hab gerade ein Set Skalpelle und drei Knochensägen verkauft. Die Reise scheint sich zu lohnen.“
Susi:            „Knochensägen.....gratuliere.“
Elmar:         „Du bist immer noch böse.“
Susi:            „Ach, vergiss es!“
Elmar:         „Ich muss mich nochmals für meine Dummheit entschuldigen, Schatz.“
Susi:            „Vergiss es, hab ich gesagt.“
Elmar:         „Oh es...es war sehr ungeschickt von mir.“
Susi:            „Nun, wenn man jemanden um die Hand anhält, tut man das normalerweise nicht mit einer elektrischen Knochensäge in der Hand, nicht wahr?“

Unterdessen auf der Bühne Mitte (Küche):

Die Sendung mit den Pinguinen wird durch einen kurzen Comic-Clip unterbrochen Es ist „Itchy und Scratchy“ aus der Serie „The Simpsons“.
Eine Maus mit einem grossen Blumenstrauss in der Hand kniet vor einer Katze. Die Maus umfasst die Pfote der Katze und küsst sie. Die Katze macht ganz verliebte Augen. Die Maus greift in den Blumenstrauss, holt daraus eine Kettensäge hervor und sägt der Katze die Pfote ab.
 
Dann sind wieder die Pinguine am TV zu sehen.
 
Die zwei alten Leute vor dem Fernseher blicken sich kurz und irritiert an.
 
Die Handlung auf Bühne links und rechts geht währenddessen unbeirrt weiter:
 
Elmar:         „Ich wollte dich nicht erschrecken.“
Susi:            „Erschrecken? Du hättest mir beinahe die Hand abgetrennt.“
Elmar:         „Es war ein Unfall. Ich wollte das neue Modell doch nur mal ausprobieren, und dabei...“
Susi:            „Aber wie kannst du mir ausgerechnet in dem Moment einen Heiratsantrag machen, wenn du gerade dabei bist, so eine verfluchte Maschine auszuprobieren?“

Satellit:       „Maschine?“

Bühne Mitte (Küche)
 
Der Satellit unterbricht wieder die Sendung mit den Pinguinen und zeigt Maschinen schwerelos im All schwebend. Dazu singt er:

song 7 - Cute Machines

In meinen Träumen sehe ich Maschinen
sie fliegen durch die Luft
bewegt von einem sanften Windstoss
zärtlich und vorsichtig
Keine Schwerkraft zieht ihre Körper zur Erde
Keine Gewichte zerren an ihrer Physik
ihre Seelen kennen ihren Wert
Sich flattern rum wie Schmetterlinge
und tanzen eine Polonaise
ein geräuschloses Karussel
ein taumelndes Liebesspiel
Der Toaster gibt plötzlich Alarm
Zwei Scheiben Brot schleudert er davon
Der Wecker stimmt ihm mit kabellosem Charm bei
Aus den Löchern des Bügeleisens zischt heißer Dampf
Ausgelöst von elektrischen Puppen.
Der Staubsauger ist der Anführer dieser verrotteten Bande
der Mixer sein Assistent
die Uhr sein Sekundant
Der Rasierer schneidet einem seltsamen mechanischen Bären die Haare
der Lieder singt
während er auf einem alten elektrischen Stuhl sitzt
In meinen Träumen sehe ich Maschinen
sie fliegen durch die Luft
bewegt von einem sanften Windstoss
zärtlich und vorsichtig
Ein Donner und ein ein Feuerball
Maschinen spielen kindische Spiele
Der Mond ist verpflichtet, die Regeln zu lesen:
„Zurück an die Arbeit, ihr faulen Idioten!“

Das alte Ehepaar sitzt vor dem TV und sieht sich die Maschinen an.
 
Der alte Mann hält die Bierflasche in der Hand und spricht leise, als würde er zu sich selbst sprechen.

alter Mann:  
„Maschinen, Maschinen...Mein Leben habe ich mit Maschinen verbracht. 45 Jahre Arbeit in der Stahlfabrik, Jahr für Jahr, Tag um Tag. Zuerst an dieser verfluchten Stanzmaschine. Ich habe noch immer ihren Klang im Ohr. Bum-Kabumm machte sie die ganze Zeit, immer nur Bumm-Kabumm. Und dann, nachdem mir die Maschine meine Hand abgehackt hatte, war man so nett und hat mir den Gabelstapler gegeben. Ha, mit 30 war ich der jüngste in der Abteilung mit einem eigenen Gabelstapler. Ich war ja so stolz. Doch mit dem Klavierspielen war's allerdings von da an für immer vorbei. Aber das machte gar nichts. Eigentlich war's mit dem Klavierspielen schon da vorbei, als ich dich geheiratet habe.“
alte Frau:     „Niemand hat dich gezwungen, mich zu heiraten.“
alter Mann:  „Wirklich nicht? Dir wär's wohl lieber gewesen, ich hätte dich mit dem Balg allein gelassen.“
alte Frau:     „Sehr viel Liebe hast du ihm nicht gegeben. Und nun wunderst du dich, dass sich der Junge nie meldet.“
alter Mann:  „Immerhin muss er sein Leben nicht in einer Fabrik verbringen. Ausserdem habe ich ihm das Kostbarste gegeben, was ich jemals besessen habe.“
alte Frau:     „Glaubst du wirklich, für die Entwicklung eines kleinen Jungen sei es förderlich, wenn neben seinem Bett die abgehackte Hand seines Vaters in einem Einmachglas voller Formalin schwimmt?“
alter Mann:  „Die Kritiker sagten, meine linke Hand sei eine der gefühlvollsten Hände der zeitgenössischen Musikszene.“

Aus seiner Westentasche holt er einen alten, vergilbten Zeitungsausschnitt hervor und beginnt zu lesen:

alter Mann:  „Magisch gleitet sie über die Tasten, virtuos und feinfühlig im Anschlag, expressiv und voller Anmut die Umsetzung des Basso Continuo, majestätisch und voller Zärtlichkeit in der Führung des Kontrapunktes...“

Laut unterbricht sie ihm.

alte Frau:     „Nun hör doch endlich auf, dich selbst zu bemitleiden! Das war doch nur das Lokalblättchen und es ist ewig her. In die Royal Albert Hall hättest du es auch mit zwei Händen nicht geschafft. Und um dich an der Bierflasche festzuklammern reicht dir die eine Hand völlig aus!“
 
Er schreit zurück.

alter Mann:  „Und was wenn ich mich gleichzeitig am Arsch kratzen will?“
alte Frau:     „Das kannst du genauso gut mit deiner Prothese.»
alter Mann:  «Ja sicher, macht aber nicht soviel Spass.»
alte Frau:     «Unserem Jungen hättest du deine wahre Zärtlichkeit geben sollen statt deiner verfluchten toten Hand, die du jetzt vermisst, um dich an deinem Arsch zu kratzen. Er kann ja nichts dafür, dass du dein Leben verpfuscht hast.“

Umständlich faltet er den Zeitungsausschnitt wieder zusammen und steckt ihn in die Westentasche zurück. Er holt daraus ein Päckchen Zigaretten hervor. Während er eine Zigarette rauszieht, sagt er leise:
 
alter Mann:  „Nein, natürlich konnte er nichts dafür. Weisst du, ich hatte den Jungen eigentlich wirklich lieb. Nur wie konnte ich es ihm denn zeigen nach allem, was geschah. Verstehst du das nicht?“

Er zündet sich die Zigarette an und singt:

Song 8 - In Touch With A Chance
 
Ich rauche eine Zigarette
Ihre Glut bringt meine Gedanken zurück
als ich das Glück zu berühren glaubte
 
Ich fühlte echte menschliche Wut
Ich fühlte echte menschliche Liebe
Ich hörte Stille, sah Dunkelheit
Am Ende des Kampfes sind alle Versuchungen hinter mir
In meinem Herzen bleibt nur der schlechte Geschmack
meines verlorenen Glücks
 
Ich fühle mich leer und hoffnungslos
mich an die alten Zeiten erinnernd
als ich das Glück zu berühren glaubte
 
Da war Glanz in meinen Augen
wie das Lächeln eines Kindes
es gab Sirenenmusik
Aus der Tiefe der Stille, der unerträglichen Stille
Ist nur die Dunkelheit am Abgrund meiner Schande geblieben

Resigniert geht er ab. Sie bleibt allein auf der Bühne zurück. Ein Kinderwagen kommt angerollt und bleibt vor ihr stehen. Ein Kind weint. Sie beugt sich über den Kinderwagen und singt:

Song 9 - Be Quiet

Sei still, wenn dein Papa von der Arbeit nach Hause kommt
Sei ruhig, wenn er dieses hässliche Wort ausspricht
Obwohl sein Herz brennt, hat der Rauch des Schornsteins
das Sonnenlicht seiner guten alten Tage verdunkelt
als er mit dir mit leuchtenden Murmeln spielte
mit magischem Kristallblick
 
Sei still, wenn dein Papa von der Arbeit nach Hause kommt
Ängstige dich nicht wegen der Gefahr hinter der Tür
Weine nicht wegen der Heftigkeit in seinem Gebrüll
Er mag dich ja lieben, kann es aber einfach nicht zeigen
Sein Schmerz wird von Tag zu Tag grösser
Und seine Worte gehen dir durch Mark und Bein
„OHNE DICH KÖNNTE ICH MEINE TRÄUME WAHR MACHEN!“
Sei still, wenn dein Papa von der Arbeit nach Hause kommt
Sei still
7. Szene
Bühne links und rechts (am Telefon)

Susi:            „Elmar, ich fürchte, ich hab da einen grossen Fehler begangen.“
Elmar:         „Wir machen alle Fehler, Susi.“
Susi:            „Erinnerst du dich noch, wie wir uns kennengelernt haben?“
Elmar:         „Sicherlich, Schatzi. Damals im Flugzeug.“
Susi:            „Du weisst, es ging mir damals nicht besonders gut. Ich habe meinen Urlaub vorzeitig abgebrochen...“
Elmar:         „Ja, ich erinnere mich.“
Susi:            „Ich musste ihn einfach verlassen. Dieses miese Schwein...“
Elmar:         „Das hast du völlig richtig gemacht, Schatzi.“
Susi:            „Und du warst zu jenem Zeitpunkt genau der Richtige für mich.“
Elmar:         „Ja?“
Susi:            „Doch nun komme ich langsam in die Jahre, wo eine Frau anfängt über ihre Zukunft nachzudenken.“
Elmar:         „Ja?“
Susi:            „Verdammt noch mal, ja. Nächstes Jahr bin ich 35, und am Horizont grüsst bereits die Menopause.“
Elmar:         „Susi, ich hab dir ein Geschenk gekauft.“
Susi:            „Und wenn ich in diesem Leben noch Kinder haben sollte, dann müsste ich mich langsam mit diesem Gedanken beschäftigen.“
Elmar:         „Gestern in Kuala-Lumpur.“
Susi:            „Ich habe keine Lust, meinen Lebensabend als eine einsame, verbitterte Frau zu verbringen.“
Elmar:         „Willst du wissen, was es ist?“
Susi:            „Nein, ich möchte eine Familie, in einem grossen Haus mit einem grossen Garten, wo viele Kinder spielen.“
Elmar:         „Soll ich es dir verraten?“
Susi:            „Elmar, hörst du mir überhaupt zu?“

Aus dem Telefonhörer ist plötzlich nur noch das Besetztzeichen zu hören. Aus dem Besetztzeichen entwickelt sich eine Melodie. Susi singt:

Song 10 - I Have Love

Wenn du gesehen hättest, wie viel ich will
Könntest du wissen, wie sehr ich mich sehne
eine Vision für die Zukunft haben
Ich habe Liebe
Ich habe Liebe
 
Es ist der Sinn meines Lebens
Es ist mein sicheres Schicksal und Glück
Mutter von Kindern sein
 
Ich sehe sie
Sie spielen Verstecken im Garten
Ich höre sie
Sie singen Kinderreime auf dem Hof
Wo auch immer sie sind
Was auch immer sie tun
Ich bin da, um sie vor allem zu schützen, was ihnen jemals schaden könnte
Ich habe Liebe
Ich habe Liebe
 
Es ist der Sinn meines Lebens
Es ist mein sicheres Schicksal und Glück
Mutter von Kindern sein
 
Ich sehe sie
Sie spielen Verstecken im Garten
Ich höre sie
Sie singen Kinderreime auf dem Hof
Wo auch immer sie sind
Was auch immer sie tun
Ich bin da, um sie vor allem zu schützen, was ihnen jemals schaden könnte
Ich habe Liebe
Ich habe Liebe

8. Szene
Bühne Mitte (Küche)

Die alte Frau sitzt im Schaukelstuhl und strickt.
Der alte Mann sitzt am Küchentisch und tut nichts.

alte Frau:     „Wann hat denn unser Junge das letzte Mal angerufen?“
alter Mann:  „Weiss nicht. Ist schon lange her.“
alte Frau:     „Er ist ja ständig auf Reisen mit seinen chirurgischen Instrumenten.“
alter Mann:  „Ja, ist er.“
alte Frau:     „Elmar war ja so ein lieber Junge, als er noch klein war.“
alter Mann:  „Das sind sie alle, wenn sie noch klein sind. Da kümmert man sich um sie, geht täglich arbeiten, damit sie was zu futtern haben, dann sind sie eines Tages weg, und man hört nichts mehr von ihnen.“
alte Frau:     „Sei nicht gemein. Wir waren auch mal jung, weisst du noch?“
alter Mann:  „Muss wohl so gewesen sein.“
alte Frau:     „Damals hatten wir noch Träume. Was wir nicht alles geplant hatten. Was ist bloss aus all dem geworden?“
alter Mann:  „Jetzt werd bloss nicht sentimental. Ich kann dir genau sagen, was daraus geworden ist. Eines Tages ist Elmar gekommen, und - plopp - die Träume sind geplatzt wie eine Seifenblase. Ach zum Teufel. Ich hol mir ein Bier.“

Sie bleibt allein zurück und singt:

Song 11 -Pigtails In My Hair

Als ich ein junges Mädchen war mit zwei Zöpfen im Haar
eine Schneekugel mein Heim
eine helle Kristallkugel
Das Gesicht auf an ihre sanfte Wand gepresst
konnte ich die Schneeflocken fallen hören
Ein gefrohrener Klang erzählt Geschichten von der alten Mauer
ein eisiger Klang mit Geschichten von Zuhause

Ich sang mit dem Rotkelchen unter dem wettergeschundenen Baum
Ein gelber Fisch sprang rückwärts aus dem Bach
Wellen der Glückseligkeit entsprangen daraus
und krochen meinen Nacken hoch
und plötzlich krabbeln hundert grüne Ameisen meine nackten Beine hoch

Ich sitze in meinem Lieblings Schaukelstuhl
und weiss, Wünsche und Träume können wahr werden
Baue eine Menge Luftschlösser
Eines Tages kehre ich zurück
zu diesen Orten, die ich damals kannte

Ich spiele mit meinem Lieblingkissen
wissend, dass Träume und Wünsche wahr werden
Ich baue lauter Luftschlösser
und eines schönen Tages werde ich an die Orte zurückkehren
die ich kannte
und eines schönen Tages werde ich nach Hause zurückkehren.
Als ich ein junges Mädchen war mit zwei Zöpfen im Haar
Eine Schneekugel mein Heim
Eine helle Kristallkugel
Das Gesicht auf an die weiche Wand gepresst
konnte ich die Schneeflocken fallen hören
Ein gefrohrener Klang
erzählte Geschichten von der alten Mauer
ein eisiger Klang mit Geschichten von Zuhause
Eines schönen Tages werde ich meinen Weg nach Hause finden

9. Szene
Bühne rechts (Hotelsuite)
Elmar, der aussieht wie ein kleines, verschüchtertes Kind, sitzt auf dem Bett und hält ein Einmachglas in den Händen. Das Glas ist gefüllt mit einer gelblichen Flüssigkeit. Darin schwimmt eine menschliche Hand. Die Hand scheint sich zu bewegen und irgendwelche Zeichen zu geben. Elmar schüttelt das Glas, und darin steigen Schneeflocken hoch und umhüllen die Hand.
Bühne Mitte (Küche)
 
Die alte Frau sitzt alleine am Küchentisch, vor ihr eine Kristallkugel und ein Metronem. Wie eine Hexe beschwört sie die Kugel, bringt das Metronom in Gang und singt:

Song 12 (King Of Frosty Love)

alte Frau:
In der Schneekugel schlägt die Uhr auf Winter
Es bewegt das abscheuliche Metronom
Die Hand deines Vaters nach oben oder unten
Schneeflocken wirbeln hoch
Bedecken die Hand deines Vaters bei Einbruch der Dunkelheit
Verwandeln dich in den König der eisigen Liebe
der eisigen Liebe
der eisigen Liebe
der eisigen Liebe
 
Du veränderst dein Gesicht
Du änderst deine Meinung
Du verwandelst dich in einen coolen und schamlosen Kerl

Elmar:
Ich heisse Elmar, doch heute Nacht nennt mich Tony
Oh, was für eine Nacht um Vaters Hand zu schütteln
Ich fühle mich so wohl in seinem Bann
Ich kann im Spiegel sehen
Ein anderes Gesicht
Ein anderer Geist
Mein ganzes Wesen verändert sich
Von einem schüchternen Jungen zu einem coolen und schamlosen Kerl

alte Frau:
In der Kuppel schlägt die Uhr auf Winter
Die Zeichen sind klar: Es ist Zeit zum Umherstreifen
Zieh los, geh deiner Beute nach
Lass sie dir nicht entgehen
Ein winterlicher Schneesturm verdeckt den Himmel
Doch heute Abend wirst du der König der eisigen Liebe sein
Der eisigen Liebe
Der eisigen Liebe

Du veränderst dein Gesicht
Du änderst deine Meinung
Du verwandelst dich in einen coolen und schamlosen Kerl

Elmar:
Ich bin der geheime Wunsch aller einsamer Frauen
Öffenet eure Schenkel, die Damen, hier komme ich
Das ist mein Tag
Das ist meine Zeit
Welch grossartige Vorstellung
Ich spiel das Spiel
völlig schamlos
Ich habe Lust Herzen zu brechen
rumzurasen
hart zu küssen
Grass zu rauchen
Glas zu zerschmettern
die ganze Nacht lang durchzuspielen.

10. Szene
Bühne vorne (Wüste)

Mahmud:     „Onkel Ahmed hat einmal eine Geschichte erzählt über einen Mann, der hinausging, um die Welt zu sehen.“
Laila:           „Eine Geschichte? Erzähl sie mir. Ich mag Geschichten.“
Mahmud:     „Sie wird dir nicht gefallen.“
Laila:           „Erzähl trotzdem.“

Mahmud singt:
song 13 - The Sun’s Disciple

Mahmud:
Vor Monden lebte ein neugieriger Mann
Er stellte unbeantwortbare Fragen:
„Wohin geht die Sonne nach Einbruch der Dunkelheit?
Wo bleibt sie bis zum Tagesanbruch?“
 
Die Antwort wusste niemand
Also verließ ersein Zuhause und brach auf, um der Sonne zu folgen

Er überquerte Berge und Meere
Er war ein wahrer Jünger der Sonne
Aber er kam nie näher, egal wie schnell er rannte
Und der Mann, der der Sonne folgte, wurde müde, sodass er sich hinlegte, um einzuschlafen
 
Das Scheinwerferlicht geht aus und taucht die Wüstenlandschaft in völlige Dunkelheit. Dann gehen blaue Scheinwerfer an, und die Wüstenlandschaft sieht aus wie eine Eiswüste, der Sand sieht aus wie Schnee.
Laila ist verschwunden. Mahmud liegt im Schnee. Er hat sich in die Figur verwandelt, über die er singt. Im Hintergrund sind Pinguine zu erkennen. Sie kommen näher.
 
Mahmud:               
Dann wachte er auf in einer Wildniss aus Schnee
Es war kalt und dunkel
Die Sonne war verschwunden
Flügellose Vögel in schwarz und weiss umringten ihn
Er hatte solche Angst, dass sein Blut gefror
 
Und er fragte die Vögel:
„Könnt ihr mir sagen, wohin ich gehen soll?“

Die Pinguine haben inzwischen Mahmud erreicht und stehen um ihn herum.
 
Pinguine:              
Von dieser Einöde zu Ihnen nachhause
Gibt es eine verborgene Strasse
Die können sie finden, wenn sie wollen
Die können sie finden, wenn sie wollen
Die können sie finden, wenn sie wollen
Die können sie finden, wenn sie wollen

Während die Pinguine die letzten Zeilen singen, verlassen sie Mahmud und tänzeln langsam nach hinten. Das Licht wird ausgeblendet, und gleichzeitig gehen die Scheinwerfer auf der mittleren Bühne an. Das Wohnzimmer wurde unterdessen in eine schummrige Bar verwandelt.
 
Die Pinguine betreten die Bar, ziehen ihre Pinguin-Kostüme aus und hängen sie an die Garderobe. Unter den Kostümen sehen sie aus wie Penner. Sie sind schlecht gelaunt. Jeder für sich setzt sich an einen Barhocker und bestellt beim Barmann ein Bier.
 
Die Bar ist praktisch leer. Einige Musiker kommen herein und fangen an, ihre Instrumente aufzustellen.

11. Szene
Bühne Mitte (eine schummrige Bar)

Tony (Elmar) sitzt an einem Tisch, ihm gegenüber sitzt Susi. Im Hintergrund macht sich die Band zum Spielen bereit. Auf dem Tisch neben Tony liegt ein Päckchen, eingewickelt in goldenes Geschenkpapier mit einer roten Schleife.
In der einen Hand hält Tony ein Cocktailglas, in der andern eine qualmende Zigarre. Mit einem unwiderstehlichen Charme becirct er Susi und macht gekonnten Small-talk.
An der Bar sitzen ein paar einsame Leute und starren lethargisch in ihre Biergläser. Sie bilden den Chor zum Lied.
song 14 (That Old Song)

Tony:
Kannst du nicht noch einen Moment länger bleiben,
Bis die Band aufhört, dieses alte Lied zu spielen
Und all diese ehrlichen, einsamen Menschen diese schöne Bar verlassen
Dann bleiben wir allein und tanzen zu dieser Melodie
Aber zuerst wollen wir noch etwas trinken und eine letzte Zigarre rauchen
 
Willst du nicht ein wenig näher kommen an meine Lippen und an mein Herz?
Rieche meinen Mundgeruch
Spüre meinen Herzschmerz
Ich bin verrückt nach dir
Also zeig mir jetzt deine ganze Hingabe
und du kannst meine armseligen Gefühl haben
und plötzlich verlieben wir uns vielleicht
 
Chor:
Zeig mir deine ganze Hingabe
du kannst meine armseligen Gefühl haben
und plötzlich verlieben wir uns vielleicht
 
Tony:
Kannst du sehen wie erregt ich bin, spürst du nicht meine

Tony u. Chor:
harte Errektion

Tony:
Der duft deines billigen Parfums….Oh schau, er ist wirklich riesig!
Sei bloss nicht schüchtern und entspann dich
Ich flüsstere dir süsse Nichtigkeiten ins Ohr
So lass mich weiter an meinem Getränk nippen
Während ich an deinem Hintern grabsche
 
Ich fliege dich zum Mond
Gar noch weiter zu den Sternen
Das Makeup in deinem Gesicht schmilzt
 
Tony u. Chor:
Fliesst dir den Arsch runter

Tony:
Deine Silikon-Titten treiben mich zum Wahnsinn
Deine schimmernden Nylons sind umwerfend
Oh baby, darf ich dir

Tony u. Chor:
deinen rosa Büstenhalter runter reissen?

Chor:
Uuuuuuuuu                uuuuuuuuu       uuuuuuuuuuuu

Tony:
Lass mich an deine Nippeln nuggeln
Meine Zunge schaltet
 
Tony u. Chor:
deine Juke-box ein

Chor:
Uuuuuuuuuuu         uuuuuuuuuu

Tony:
Ich küsse deinen Bauchnabel
Sauge an deinen Nasenlöchern
 
Tony u. Chor:
Willst du mir nicht die Eier lecken?

Chor:
Uuuuuuuuuuu         uuuuuuuu

Tony:
Diese magische Nacht ist für uns gemacht, macht unsere
 
Tony u. Chor:
süssen Träume wahr

Tony:
Du bist mein Augapfel und wirst meine Glibber fressen
 
Kümmere dich nicht um diese verdammten Verlierer, die in diesem verdmmten Loch rumlungern.
Kümmere dich nicht um diese Musik, es ist einfach
Tony u. Chor:
sentimentale Scheisse

Tony:
Ich blase Rauch in deine blauen Augen
Oh, wie ich jeden einzelnen deiner Fetische genieße
Glaub mir, Schatz, du bist so was von Schlampe

Chor:                  
Ich blase Rauch in deine blauen Augen
Oh, wie ich jeden einzelnen deiner Fetische genieße
Glaub mir, Schatz, du bist so was von Schlampe
 
Tony u. Chor:
Kannst du nicht noch einen Moment länger bleiben,
Bis die Band aufhört, dieses alte Lied zu spielen?

Susi knallt Tony eine Ohrfeige und hastet zur Tür hinaus. Tony bleibt allein zurück, das Geschenkpäckchen bleibt ungeöffnet auf dem Tisch. Die vereinzelten Bargäste starren wieder lethargisch in ihre Biergläser.

12. Szene
Bühne vorn (Wüste)
 
Laila:           „Vielleicht weiss ich es auch nicht.“
Mahmud:     „Was weisst du nicht?
Laila:           „Wo mein Zuhause ist.“
Mahmud:     „Du bist dort Zuhause, wo du geboren wurdest, wo deine Familie lebt.“
 
Kurze Pause, dann leise:
 
„Du bist dort Zuhause, wo man dich liebt, mein Habibi. Bei mir bist du Zuhause.“
 
Nach kurzer Pause, etwas beschämt:
 
Laila:           „Was würdest du denn tun, wenn du morgen feststellen würdest, dass ich nicht mehr unberührt bin?“
Mahmud:     „Nicht mehr unberührt? Was meinst du denn damit?“
Laila:           „Ich meine, wenn du morgen siehst, dass sich die zarte Knospe nicht zum ersten mal öffnet, nicht für dich ganz allein.“
Mahmud:     „Das ist doch nicht dein Ernst. Du machst Witze.“
 
Kurzes Schweigen
 
Mahmud:     „Du meinst, ich bin nicht dein erster Kolibri?“
 
Sie schweigt
 
Mahmud:     „Wer sollte denn schon von deinem Nektar genascht haben?“
 
Sie schaut in den Himmel
 
Laila:           „Dieser Stern da oben. Ganz langsam bewegt er sich vorwärts. Siehst du ihn?“
Mahmud:     „Wer hat dir seine dreckige Perle in die Auster geschoben?“
Laila:           „Wo der wohl hin will.“

Er wird etwas ungehalten, weil sie seinen Fragen ausweicht.

Mahmud:     „Habibi! Red schon. Wer hat dich mit seinen dreckigen Händen angefasst? Ich werde sie ihm abhacken!“
Laila:           „Vielleicht haben ihn die andern vertrieben. Vielleicht hat er kein Zuhause.“
Mahmud:     „Wer war es Habibi? Wer hat mir das angetan?“
 
Sie dreht sich genervt zu ihm um.
 
Laila:           „Ach, hör auf! Frag doch deinen Onkel Ahmed! Der weiss ja sonst  alles!“
 
song 15 (someone to trust)

Mahmud:     
Beschuldige nicht meinen Helden
Verwandle seine Ehre nicht in Schande
Bitte hör auf, diesen Mann zu beleidigen
Nenne nicht seinen Namen

Laila:           
Er ist nur ein Grosskotz
Sein Stolz kennt keine Grenzen
Außerdem ist er klever und weiß
wie man jemanden verführt
 
Beide:          
Er ist unser Führer
Er macht die Gesetze
Er ist ein Magier
Der aus Lügen Wahrheit zaubert
 
Mahmud:     
Es ist an der Zeit, mein Vertrauen in ihn loszulassen

Laila:           
Es ist Zeit, dass ich mich umdrehe und weggehe?

Beide:          
Werd ich jemanden finden, brauche ich jemanden, dem ich vertrauen und glauben kann?
Werde ich etwas Neues finden, brauche ich etwas Neues, an das ich glauben kann?
 
Mahmud:     
Wer hat meine Zukunft gestohlen?
Wer hat meine Ehre durch den Dreck gezogen?
 
Laila:           
Frag doch jemand anders
Er weiss doch alles
 
Mahmud:     
Wer hat mein Glück zerbrochen
Mein Vertrauen und meinen Glauben missbraucht?

Laila:           
Bitte hör auf, nach der Wahrheit zu fragen
weil du sie nicht wissen musst

Laila:           „Verachtest du mich jetzt?“
 
Er schweigt und starrt ins Leere
 
Laila:           „Es tut mir leid, wenn ich dich enttäuscht habe.“
 
Mahmud:     „Du kannst ja nichts dafür. Ich bin eben ein Verlierer. Das war schon immer so. Wenn es Zuhause Wurst gibt, dann bin ich derjenige, der den Zipfel abkriegt. Warum sollte sich ausgerechnet jetzt etwas daran ändern?“
 
Laila:           „Ja, warum eigentlich?“
 
Er dreht sich zu ihr um.
 
Mahmud:     „Vielleicht weil ich dich liebe. Mag sein, dass ich nur ein Träumer bin. Wie konnte ich glauben, dass jemand wie du mich heiratet.“
Laila:           „Du willst mich trotz allem heiraten?“
Mahmud:     „Ich.....ich will mein Leben mit dir teilen.“
Laila:           „Aber wenn du dein Leben mit mir teilst, hast du dann nicht bloss ein halbes Leben?“
Mahmud:     „Nein, denn ich kriege ja die Hälfte von deinem.“
Laila:           „Willst du denn die Hälfte von meinem Leben?“
Mahmud:     „Ja, und ich will auch all meine Sorgen und Schmerzen mit dir teilen.“
Laila:           „Aber wenn du deine Sorgen und Schmerzen mit mir teilst, werden sie dann leichter?“
Mahmud:     „Nein, denn ich kriege ja die Hälfte von deinen.“
Laila:           „Und du willst wirklich die Hälfte von meinen Sorgen und Schmerzen.“
Mahmud:     „Ja, und ich will auch meine Liebe mit dir teilen.“
Laila:           „Aber wenn du deine Liebe mit mir teilst, wird sie dann nicht zerbrechen?“
Mahmud:     „Doch, das wird sie, wenn sie nicht stark genug ist.“
Laila:           „Ist sie denn stark genug?“
Mahmud:     „Du bist das beste, was mir jemals geschehen ist. Du weisst, ich bin
nicht gerade der Hellste. Ich habe immer gedacht, wenn ich immer nur das tue, was mir Onkel Ahmed sagt, dann wird schon alles gut gehen.... Ja, ich will dich, und es ist mir egal, ob du noch unberührt bist oder nicht.“
 
song 16 (I care for you)

Laila:          
Wenn ich den Rest meines Lebens mit dir teile
teile alle meine Freuden und Träume mit dir
Wenn ich all meine Liebe dir gebe, was verbleibt dann?
 
Wenn ich meine Gegenwart und Zukunft teile
Bleibt nur die Hälfte für mich
Das ist nicht genug, noch das Leben, dass ich suche

Mahmud:     
Sorg dich nicht mein Liebling, ich sorge für dich
Unsere Liebe macht unsere Träume wahr
Ich schwöre, ich sorge für dich
Sorge dich nicht mein Liebling, denn ich sorge für dich

Laila:           
Wenn ich all meine Geheimnisse und Lügen mit dir teile
All meine Sorgen und Schmerzen
Wenn ich all meinen Glauben in dich setze
Was bleibt mir übrig?
 
Wenn du all deine einsamen Nächte mit mir teilst
Willst du nicht den nötigen Respekt verlieren
Wenn du morgens an meiner Seite aufwachst?
 
Mahmud:
Sorg dich nicht mein Liebling, ich sorge für dich
Unsere Liebe macht unsere Träume wahr
Ich schwöre, ich sorge für dich
Sorge dich nicht mein Liebling, denn ich sorge für dich
 
Inzwischen ist der Satellit, getroffen vom Golfschläger, in die Erdatmosphäre eingetaucht und fängt an zu glühen. Am Horizont des nächtlichen Wüstenhimmels erscheint er wie ein leuchtender Stern.

Laila:           „Schau, mein Stern fängt an zu glühen.“
Mahmud:     „Tatsächlich! Ist ja eigenartig. Was ist denn mit dem passiert?“
Laila:           „Vielleicht hat er sein Ziel erreicht. Vielleicht hat er das gefunden, wonach er gesucht hat. Vielleicht ist er endlich Zuhause angekommen.“
Mahmud:     „Glaubst du wirklich?“
Laila:           „Ja.“

Die beiden schauen eine Weile schweigend zum Horizont.

Laila:           „Mahmud?“
Mahmud:     „Laila?“
Laila:           „Würdest du es nochmals spielen?“
Mahmud:     „Was denn?“
Laila:           „Das Lied, das du für mich geschrieben hast.“
Mahmud:     „Aber es hat dir doch überhaupt nicht gefallen."
Laila:           „Vielleicht gefällt es mir jetzt besser.“
Mahmud:     „Na gut.“

Mahmud hebt seine Mandoline vom Wüstensand und beginnt beginnt daran herumzuzupfen. Er versucht zu singen, doch seine Kehle ist wie zugeschnürt. Er begreift, dass die Zeilen seines Liedes nicht mehr stimmen. Etwas beschämt kauert er über seinem Instrument und versucht sich Reime auszudenken, die nun passender wären in dieser Situation. Er bemerkt nicht, wie sich Laila hinter seinem Rücken davonschleicht. Als er wieder aufblickt, ist Laila verschwunden.

Mahmud:     „Laila! Laila! Wo bist du?“

Er hastet umher und versucht sie zu finden. Doch sie ist weg. Dann blickt er in Richtung des glühenden Sterns.

Mahmud:     „Ich werde auf dich warten.“

Der Satellit verglüht in der Atmosphäre und singt dazu:

song 17 (lonely machine)

Dies ist das Ende meiner Verbindung
Es endet wo alles begann
Dies ist das Ende meiner Einsamkeit
Ich bin bereit zurück nachhause zu kommen
 
Ich habe gesehen wie sich die Erde dreht
Ich habe gesehen wie sich ein heller Tag in Nacht verwandelt
Ich habe Menschen weinen gehört
Weinen für Liebe und Abschied nehmen
Im gleichen Atemzug
 
Nun verlasse ich die Umlaufbahn der Erde
War hier lang genug
Ich stürze mich in die eisige Luft
Und ende in einem wessglühenden Feuerbass
 
Ich leuchte wie eine Sternschnuppe
verlasse gefrorene Dunkelheit und Schwerelosigkeit
Ich kehre zur Erde zurück
zum Ort meiner Geburt
Verbindung beendet!
 
13. Szene
Bühne links und rechts (am Telefon)
 
Susi:            „Elmar, hörst du mir überhaupt zu?“
Elmar:         „Aber sicherlich, Schatzi.“
Susi:            „Ich weiss nicht, ob ich das noch lange aushalte.“
Elmar:         „Was denn?“
Susi:            „Du hast überhaupt nicht gehört, was ich dir gesagt habe.“
Elmar:         „Natürlich habe ich das. Du sagst, dass du Kinder magst.“
Susi:            „Ich sagte, dass ich dich verlassen werde.“
Elmar:         „Ich mag auch Kinder.“
Susi:            „Sei nicht albern. Du bist ja selber noch ein Kind. Du würdest keinen guten Vater abgeben.“
Elmar:         „Lass uns heiraten und viele Kinder machen.“
Susi:            „Elmar, ich hab da jemanden kennengelernt.“
Elmar:         „So? Wen denn?“
Susi:            „Er heisst Tony.“
Elmar:         „Tony?“
Susi:            „Ich glaube, ich bin verliebt.“
Elmar:         „In Tony?“
Susi:            „Er ist so charmant, so witzig und kann so lustige Geschichten erzählen.“
Elmar:         „Der Kerl ist ein Betrüger!“
Susi:            „Du kennst ihn?“
Elmar:         „Du kannst dem Kerl nicht trauen!“
Susi:            „Er ist genauso, wie ich mir den Vater meiner Kinder vorstelle.“
Elmar:         „Vater?“
  
Hier wird das Gespräch unterbrochen. Die Funktionen des verglühenden Satelliten versagen.

Bühne Mitte (Küche)

Der alte Mann steht allein in einer unordentlichen Küche und schält mit einem allzu grossen Messer unbeholfen an einer Knoblauchknolle, die er umständlich in seiner Handprothese hält. Auf dem Herd steht ein dampfender Kochtopf und auf dem Boden liegen Kartoffelschalen. Auf dem Küchentisch ist ein Kochbuch aufgeschlagen.
Obwohl die alte Frau nicht anwesend ist, scheint der alte Mann zu ihr zu reden.

alter Mann:  „Heute mach ich mir Kartoffelsuppe....Ha, da staunst du...
Kartoffelsuppe mit Knoblauch...Da bist du platt, was? (gequältes Lachen)
Ist gut für den Kreislauf...senkt den Blutdruck…schmeckt gut und ist gesund...“
  
Er blättert im Kochbuch und fängt an, das Rezept zu singen. Gleichzeitig versucht er, alle Anweisungen des Kochbuchs auszuführen, stellt sich dabei aber sehr ungeschickt an und richtet eine schreckliche Verwüstung an.

song 18 (garlic potato soup)

Entfernen Sie die Haut
vom Knoblauch
Schälen Sie die Zehen nicht
Trennen Sie sie nicht
Wickeln Sie sie in Folie ein und
Kochen Sie sie in Öl
Dann lassen sie abkühlen
Trennen die Knoblauchzehen
Und pressen Sie sie aus
um das feine Knoblauchmark zu extrahieren
 
Entsorgen Sie die Haut
Speck hineingeben
ein großer Topf
und kochen, bis es braun ist
Kartoffeln und Zwiebeln hinzufügen
Karotte, Brühe, Salz, Pfeffer, ein kleines Lorbeerblatt
Dann zudecken und zum Kochen bringen.
 
Reduzieren Sie die Hitze
Entfernen die Lorbeerblätter
Geben Sie zwei Tassen Kartoffelmischung
und das Knoblauchmark in eine Küchenmaschine
Es kann auch ein Mixer sein
Mixen Sie das Essen, bis die Suppe geschmeidig ist.

Püree zurückgeben
Schwenken, unterrühren
Milch und Butter zugeben
Bei niedriger Temperatur kochen
Bei schwacher Hitze gründlich erhitzen
Dann die Pfanne vom Herd nehmen und
umrühren und mit gehacktem Gemüse garnieren
und Petersilie

14. Szene
Bühne Mitte (Küche)

Die Wohnküche ist in einem verwüsteten Zustand. Essensreste kleben an den Wänden, Scherben liegen herum, die Stühle sind umgeworfen.
Eine Putzfrau kniet am Boden. Es ist Laila. Mit einem Lappen scheuert sie den Fussboden und summt dabei eine Melodie, die an das Liebeslied erinnert, welches Mahmud für sie geschrieben hat.
Jemand klopft an der Tür, doch Laila hört es nicht. Erneutes Klopfen. Keine Reaktion von Laila. Dann geht die Tür langsam auf und draussen steht Elmar. Er hat ein Päckchen mit der roten Schleife in der Hand. Verwirrt und ängstlich sieht er sich das Durcheinander an. Langsam kommt er herein.
Laila sieht ihn nicht, denn sie ist mit dem Küchenboden beschäftigt. Elmar beachtet Laila nicht, denn er ist vom Anblick der Zerstörung in der Küche überwältigt. Erst als Elmars Füsse direkt vor Lailas Gesicht stehen, fährt sie schreiend hoch.

Elmar:         „Wer sind Sie denn?“

Laila spricht arabisch, doch Elmar scheint sie zu verstehen. Auch Laila versteht Elmars Worte.

Laila:           „Ich? Ich bin niemand. Die Hausverwaltung hat mich geschickt. Ich soll hier sauber machen.“
Elmar:         „Und wo sind die Leute, die hier wohnen?“
Laila:           „Hier wohnt keiner mehr.“
Elmar:         „Was soll das heissen? Hier wohnt doch ein alter Mann mit seiner Frau. Wo sind die denn hin?“
Laila:           „Ach die. Die sind weg.“
Elmar:         „Weg? Was soll das bedeuten?“
 
Laila fängt wieder an, den Küchenboden zu schrubben.

Laila:           „Weg! Tot! Jedenfalls die Frau. Und dann ist der Alte verrückt geworden. Hat den Verstand verloren. Wollte den Kopf in den Küchenmixer stecken.“
 
Sie lacht auf. Elmar legt langsam das Päckchen auf den Tisch. Während sie schrubbend weiter redet, hebt er einen Stuhl hoch und setzt sich.

Laila:           „Völlig verrückt, nicht? Ohne seine Frau hat er’s wohl nicht mehr ausgehalten. Ist ja komisch! Onkel Ahmed sagte einmal, eine Frau ohne Mann sei wie ein Ruder ohne Boot. Doch dabei ist ein Mann ohne Frau wie ein...“
 
Elmar:         „...ein Boot ohne Ruder.“
Laila:           „Ja, genau!“
  
Laila blickt hoch und sieht das Päckchen auf dem Tisch liegen.
  
Laila:           „Oh, ist das schön. Was ist denn da drin?“
 
Nun bemerkt Laila Elmars trauriges Gesicht. Sie erschrickt.
 
Laila:           „Und Sie? Wer sind sie eigentlich?“
 
Elmar schweigt. Tränen kommen aus seinen Augen.
 
Laila:           „Sie...Sie sind wohl der...“
 
Bestürzt sammelt Laila ihre Putzsachen ein.
 
Laila:           „Oh, es...es tut mir leid...Ich wusste nicht, dass...Ich...Ich komme ein andermal...“

Sie hastet zur Tür, wirft ihm noch einen Blick zu und lässt ihn dann allein in der Küche zurück.
Elmar sitzt am Küchentisch, vor ihm das Päckchen. Hinter ihm hängt ein Spiegel. Darin spiegelt sich Tony.

Elmar singt:

song 19 (guess what it is)

Heute hab ich einen Witz gehört
Ich erinnere mich noch daran
Könnte von dir und mir sein
Spielt überhaupt keine Rolle
Ein Trunkenbold verließ gut gelaunt eine Bar
Machte sich auf den Heimweg
In seinen Händen ein kleines Päckchen
Eingewickelt in leuchtend goldenes Papier
mit einer Schnur umwickelt
Er überquerte die Bahnhofsstraße
Passierte den Stadtpark
Entlang einer Allee in eine schmutzige dunkle Gasse
Ein leerer Briefkasten hinter seiner Tür
Er eilte hoffnungsvoll die Treppe hinauf
Nun bin ich hier, mein Spiegel
und hier ist dein Geschenk
Rate, was es ist

Er wickelt aus dem Päckchen das Glas mit der Hand seines Vaters.

Ich habe heute einen Witz gehört
Ich erinnere mich noch daran
Könnte von dir und mir sein

Elmar schmettert das Glas gegen den Spiegel. Das Glas und der Spiegel zerbersten in Tausende von Scherben. Die Scherben drehen sich langsam im Kreise und bilden einen Spiralnebel aus Tausenden von Sonnen. Die Hand fliegt dahin in die Unendlichkeit des Universums.

E N D E
 
Nachtrag:     

Aus Elmar und Laila wird ein Paar.
Mahmud findet einen Job als Touristenführer und Alleinunterhalter einer Club-Med-Anlage am Roten Meer. Dabei lernt er Susi kennen, die dort Ferien macht, um sich von Tony’s spurlosem Verschwinden zu erholen. Die Beiden verlieben sich ineinander.

Tony wurde nie mehr gesehen.
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